Luisa Knoche, Dr. Petra Krüger und Katrin Wieden arbeiten im THW-Referat Forschungsprojekte in Bonn. Dort begleiten und entwickeln sie aktuelle Forschungsprojekte, die das THW gemeinsam mit anderen Institutionen plant und durchführt. Im Interview mit der THW-Redaktion berichten sie aus ihrem Alltag:
Luisa, wenn du es in wenigen Sätzen zusammenfassen müsstest: Was macht die THW-Forschung?
Luisa Knoche:
"Die THW-Forschung begleitet oder leitet europäische, nationale und bilaterale Forschungsprojekte. Geforscht wird in der Regel zusammen mit Universitäten, Forschungsinstituten und Unternehmen an Themen, die das THW betreffen. Das können technische Geräte, Software oder Konzepte sowie sozialwissenschaftliche Themen sein. Wir können so sicher sein, dass Anforderungen, Bedarfe und Bedenken von THW-Angehörigen frühzeitig in der Forschungscommunity mitgedacht werden und erhoffen uns damit, dass neue Entwicklungen für das THW passgenau sind. Einsatzkräfte des THW können durch die Beteiligung an Forschungsprojekten mit einer ganzen Reihe von innovativen Ideen in Berührung kommen und somit mit uns zusammen gewissermaßen einen Blick in die Zukunft werfen."
Und Katrin, was würdest du sagen, ist besonders positiv an der Arbeit in der THW-Forschung?
Katrin Wieden:
"Unsere Arbeit ist super abwechslungsreich. Ich leite einen deutsch-französischen Forschungsverbund. Das bedeutet, dass ich Einblicke in ganz verschiedene Disziplinen bekomme, zum Beispiel in die Biologie oder die Sozialwissenschaften, und viel Gestaltungsfreiraum habe. Darüber hinaus entwickeln wir ständig neue Projekte, etwa zu Drohnen für die Lageaufklärung, in der Robotik oder zu internationalem Krisenmanagement und sind hier im engen Austausch mit Top-Forschungseinrichtungen. Kein Tag ist wie der andere."
Im Rückblick auf die letzten Jahre, Luisa, was war das spannendste Projekt bisher?
Luisa Knoche:
"Wir begleiten in der Regel ein Projekt über mehrere Jahre hinweg. Mein letztes Projekt hat sich mit der Lagedarstellung mit Hilfe von Daten aus den sozialen Medien und Fernerkundungsdaten beschäftigt. Es ist definitiv sehr interessant zu sehen, wie viele Echtzeitinformationen die Bevölkerung auf den sozialen Medien teilt und wie die automatisierte Aufbereitung dieser Informationen sinnvoll im Einsatz genutzt werden kann. Am spannendsten wird es, wenn wir Forschungsergebnisse im Feld zusammen mit den Einsatzkräften testen. In diesem Fall haben wir nach einer großen Übung ein sehr positives und konstruktives Feedback erhalten."
Passend zum Thema des Tages: Was glaubt ihr, woran es liegt, dass "die Forschung" ein so männlich dominiertes Feld ist, dass es einen eigenen Tag für Frauen in der Wissenschaft geben muss? Trifft das auch aufs THW zu?
Dr. Petra Krüger:
"Zahlenmäßig sind die Verhältnisse im THW im Referat Forschungsprojekte – werden einmal mehr nur Frauen und Männer betrachtet – ausgewogen. Betrachten wir alle Geschlechter müssen wir leider feststellen, dass wir darüber keine Aussagen treffen können. Geht es um mehr als Zahlen, nämlich darum, Geschlecht und seine Wirkungen als Effekte unser aller Handelns und Verhalten zu begreifen, die wir alle leben, produzieren und reproduzieren, dann sieht es anders aus: Begreifen wir Geschlecht nicht als Einteilung von Menschen in Frauen, Männer, Divers, die 'wie von selbst' da ist, mit der wir quasi nichts zu tun haben, dann stellen sich Fragen wie: Wo in welchem Feld von sogenannten Wissenschaften wirkt Geschlecht wie? Mit einem ironischen Augenzwinkern formuliert: Alles nur Theorie und Forschung, keine Praxis angesichts dessen, dass nach wie vor in einem Großteil der Forschungsprojekte die Kategorie Geschlecht keine Rolle spielt? Wir immer noch häufig von Anwendern, Nutzern, Partnern sprechen und somit denken und handeln? Kurz: Es geht nicht um glauben, wie in der Frage formuliert, vielmehr geht es auch hier um exakte, nachvollziehbare Forschung, um die Frage zu beantworten."
Die Forschung und auch die Sicherheitsforschung sind sehr homogene Felder. Wie könnte man das ändern?
Katrin Wieden:
"Damit die Sicherheitsforschung generell diverser wird, sind Vorbilder wichtig. Menschen, mit denen man sich identifizieren kann und die bereits in dem Feld aktiv sind, können die Motivation steigern, selbst auch in der Sicherheitsforschung tätig zu werden. Eine diversere Gruppe schafft es mit großer Wahrscheinlichkeit, Menschen aus ganz unterschiedlichen Gruppen der Gesellschaft zu integrieren. Zudem ist es auch inhaltlich für die Sicherheitsforschung unabdingbar, verschiedene Perspektiven abzubilden! Wir sind nicht alle von den gleichen Bedrohungen unserer Sicherheit betroffen. Aus der Forschung wissen wir auch, dass insbesondere in vermeintlich neutralen Fachbereichen, wie etwa Technik, Diskriminierungsdimensionen oft nicht betrachtet und so reproduziert werden. Test-Dummies sind ein bekanntes Beispiel, oder auch Gewalterfahrungen und verzerrte Algorithmen. Beide Problematiken werden in der Forschungscommunity noch nicht genug behandelt. Die Zukunft der Sicherheitsforschung muss diverser sein, damit die Zukunft wirklich sicher für alle ist."